Tiefenintegration des EPD im Spital Thurgau AG

Aus der Praxis

Damit das EPD sein volles Potenzial entfalten kann, muss sich die Anwendung nahtlos in die medizinischen Behandlungsabläufe einfügen lassen. Über die Tiefenintegration ins Primärsystem des jeweiligen Gesundheitsdienstleisters lässt sich dieses Ziel am effizientesten erreichen. Das Spital Thurgau AG hat diesen Weg vor kurzem in Angriff genommen, und das EPD in ihr Klinikinformationssystem (KIS) integriert.

Für Business-IT Alignment Manager Nico Altwegg war der Entscheid zugunsten der Tiefenintegration alternativlos. Da der Zugang über ein separates Portal viele manuelle Prozesse beinhalte, sei diese Lösung für Gesundheitsdienstleister ungeeignet. Laut Stephan Kunz, CTIO und Geschäftsleitungsmitglied, fällte die Spital Thurgau AG mit ihrem Vorgehen aber auch einen Grundsatzentscheid zugunsten des Gesundheitssystems. Aus seiner Sicht ist das EPD nämlich vor allem ein Puzzlestein der digitalen Transformation, dessen Mehrwert sich insbesondere beim Zusammenspiel der einzelnen Leistungserbringer bemerkbar machen wird.

Im nachfolgenden Interview erfahren Sie mehr über die zentralen Learnings aus dem Einführungsprozess.

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Die Spital Thurgau AG hat die Tiefenintegration des EPD vor kurzem abgeschlossen. Wir haben mit CTIO Stephan Kunz und Business-IT Alignment Manager Nico Altwegg über die zentralen Learnings aus diesem Prozess gesprochen.

Interview

Mein Name ist Nico Altwegg, ich bin Business-IT Alignment Manager und Informatikprojektleiter.  

Mein Name ist Stephan Kunz, ich bin CTIO, Mitglied der Geschäftsleitung des Spitals Thurgau und der thurmed Gruppe. 

Sie haben die Tiefenintegration des EPD erst vor kurzem umgesetzt. Was hat Sie zu diesem Entscheid bewogen?

Der Entscheid zur Tiefenintegration rührt daher, dass man sich überlegen muss, ob es eine Alternative gibt. Die Alternative wäre eine Portallösung, diese ist jedoch für ein Spital – und aus meiner Sicht für alle Gesundheitsdienstleister – keine Option. Denn es ist ein manueller Prozess, bei dem man alle Patienten fragen muss, ob sie ein EPD haben oder nicht, und bei dem Dokumente manuell hoch- und runtergeladen werden müssen. Einen solchen Prozess strebt man in einem Spital nicht an und man kann ihn so auch nicht umsetzen.

Wie sind Sie bei der Integration vorgegangen?

Schlussendlich haben wir die Tiefenintegration angepackt wie jedes andere Projekt. Am Anfang war es hauptsächlich ein IT-Projekt. Man hat ein Projektteam gegründet aus drei bis vier Fachexperten und hat dann begonnen, die Lösung aus technischer Sicht zu entwickeln. Im Laufe des Jahres, das wir für die Voll-Integration circa gebraucht haben, hat man fortlaufend Personen aus anderen Fachbereichen – wie etwa den Patientenstationen oder den Sekretariaten – hinzugezogen. So hat man das Projekt Schritt für Schritt in den restlichen Betrieb hinausgetragen.

Was sind Ihre persönlichen Learnings aus diesem Einführungsprozess?

Was würden wir anders machen? Wir waren relativ früh dran mit der Integration, es gab deshalb noch nicht viele andere Spitäler in derselben Situation. Manchmal würde es sich lohnen, ein bisschen länger zu warten, weil man dann von den anderen profitieren kann. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass wir es gut gemacht haben. Wir sind die Sache professionell angegangen und es hat soweit alles gut funktioniert. Rückblickend kann man sagen, dass es ein grösseres Organisationsprojekt ist, das man nicht unterschätzen darf.  

Wie haben Sie Ihre Patientinnen und Patienten über die Integration des EPD informiert?

Natürlich war es auch wichtig, dass wir unsere Patientinnen und Patienten übers EPD informieren. Wir haben anlässlich der Einführung einen Zeitungsartikel publiziert. Zudem gehörten wir zusammen mit einer Apotheke zu den Ersten, die im Kanton Thurgau eine betreute EPD-Eröffnung möglich gemacht haben. Später konnten wir davon profitieren, dass die EPD-Eröffnung rein digital möglich geworden ist. Das ist der raschen technologischen Entwicklung zu verdanken, die in den letzten 12 bis 18 Monaten stattgefunden hat. Trotz digitaler Lösung haben wir das physische Angebot noch aufrechterhalten für jene, die es wünschen. Ergänzend geben wir all unseren Patienten, die ins Spital kommen, einen Flyer mit, mit dessen Hilfe sie über den Nutzen, die Funktionsweise und die Möglichkeiten des EPD im Spital Thurgau informiert werden. Selbstverständlich sind all diese Informationen auch auf unserer Website verfügbar.

Welchen Mehrwert versprechen Sie sich vom EPD künftig für den Spitalalltag sowie für das gesamte Gesundheitswesen in Ihrem Kanton?

Ich persönlich bin sehr überzeugt, dass das EPD fürs ganze Gesundheitsökosystem einen Mehrwert bringt aufgrund der Verbesserungen bei der Datenverfügbarkeit und beim Datentransport. Uns als Spital bringt es keinen unmittelbaren Nutzen. Es braucht daher einen gewissen Effort, um die Anbindung voranzutreiben, da man das Gesamtsystem unterstützt und nicht primär unsere eigenen Abläufe. Die Patienten, die bei uns sind, sind im KIS gut dokumentiert. Das EPD dient primär dem Austausch mit anderen Leistungserbringern sowie den Patienten, die zwischen verschiedenen Leistungserbringern wechseln. Hier bin ich überzeugt, dass der Nutzen da ist. Dieser wird jedoch erst mittelfristig eintreten, sobald möglichst alle mitmachen.

Welche langfristigen Ziele und Entwicklungen sehen Sie in Bezug auf das EPD im Spital Thurgau und wie wollen Sie diese erreichen?

Zurzeit befinden wir uns in einem Strategieprozess für die gesamte Spital Thurgau AG, wobei die integrierte Versorgung und die digitale Transformation zu unseren Schwerpunkten zählen. In diesen Bereichen wollen wir uns auch Ziele setzen, die wir aktuell formulieren und konkretisieren. Das EPD ist hier ein Puzzleteil, insgesamt sind der digitale Datenaustausch und digitale eHealth-Plattformen zentrale Bestandteile dieser Strategie.

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